Katastrophale Zustände im Amberger Asylbewerberheim

Veröffentlicht am 30.01.2011 in Soziales
 

Wie ist es möglich, dass im Jahre 2011 Menschen in Deutschland wie Tiere gehalten werden? Wer ein Asylbewerberheim in unserer Gegend besucht, fängt an, sich diese Frage zu stellen. Kinder, Frauen und Männer aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen müssen zusammengepfercht in heruntergekommenen Löchern hausen - ohne anständiges Essen, ohne ausreichende medizinische Versorgung und ohne Perspektive. So wie in der Unterkunft in Amberg.

Der Bayerische Flüchtlingsrat hat das Amberger Asylbewerberheim Ende Januar 2011 besucht und erhebliche Mängel festgestellt. Nachfolgend der Bericht von Marion Puhle aus Regensburg:

Ansteckende Infektionskrankheit

Eine Frau aus der Ukraine erzählt uns, dass ihre Zimmernachbarin unter Brustschmerzen litt und sich deshalb zur Untersuchung ins Krankenhaus begab. (das war erst letzte Woche) Die Untersuchung hat ergeben, dass die Brust in Ordnung ist, sie jedoch an einer ansteckenden Infektion leidet. Im Krankenhaus wurde sie 3 Tage lang in Quarantäne gehalten.

Sie wurde mit dem Hinweis entlassen, dass sie im Asylcamp, so drückten das die Flüchtlinge heute aus, in einem Einzelzimmer, bei geschlossen gehaltener Tür weiter unter Quarantäne bleiben muss.

Die Flüchtlinge haben Angst, sich anstecken zu können. Die erkrankte Frau, die 2 Kinder hat, benutzt die Gemeinschaftstoilette, sowie die Gemeinschaftsküche. Seit sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat niemand nach ihr gesehen (Arzt) bzw. Unterkunftsleiter. Offensichtlich, so berichten es die Flüchtlinge, geht es der Frau sehr schlecht.

Normalerweise ist hier sofort das Gesundheitsamt einzuschalten. Ich werde mich deshalb am Montag gleich selbst darum kümmern.

Stromversorgung

Die Flüchtlinge berichten, dass der Strom nach wie vor ausfalle. Von Freitag auf Samstag hätten sie keinen Strom gehabt, die Kühlschränke hätten sich abgetaut und die Lebensmittel seien verdorben. „Ich lebe erst seit 1. Monat hier und erlebe den Stromausfall jetzt schon das 2. mal“, so eine Frau ganz erbost.

Am Freitag wurde die Polizei, die offensichtlich dann den Hausmeister oder Leiter verständigt, nicht aktiv. Erst am Samsatagnachmittag als eine Frau bei der Polizei vorstellig wurde, bewegte sich der Unterkunftsleiter in Richtung Asylheim und stellte den Strom wieder an.

Die Flüchtlinge beschweren sich darüber, dass sie den Hausmeister nicht selbst anrufen können bzw. dass keine Nummer aushängt um im Notfall sofort reagieren zu können. Im Haus A ist zwar eine Notrufsäule angebracht, jedoch wissen die Flüchtlinge nicht, wie sie damit umgehen sollen, da sie keinerlei Einweisung erhalten haben.

Essenspakete

Die Flüchtlinge berichten, dass sie die Essenpakete jeweils am Montag und Mittwoch bekommen. Da sie keine Behältnisse haben, in dem sie ihre Lebensmittel transportieren können, werden hierzu Müllsäcke ausgegeben. Des weiteren wurde berichtet, dass die gelieferten Lebensmittel nicht dem entsprechen, was sie bestellt haben bzw. zu wenig geliefert werde.

Obst ist oft faulig und verdorrt. Statt dem bestellten Bulgur erhalten die Flüchtlinge Couscus, womit sie nichts anfangen können. Statt bestellter Ananas erhalten sie Erdbeeren in Dosen. Beschwerden wurden auch laut über gelieferte Fruchtsäfte. Die sind nicht genießbar!

Kleidergutscheine

Die Flüchtlinge berichten, dass sie weiterhin auf Kleidung durch die Caritas und das Rote Kreuz angewiesen sind. Sie erhalten zwar einen Gutschein, jedoch nur für Unterwäsche und Schuhe. Nach meiner Recherche gibt es eigentlich keinen Grund, die Kleidergutscheine nicht auszugeben. Tirschenreuth, Schwandorf, Weiden und Regensburg geben Kleidergutscheine aus u. z. 2 mal im Jahr, jeweils für Sommer- u. Winterbekleidung (Wert ca. 300 Euro). Das Amberger Sozialamt spart sich hier eine Menge Geld.

Für Kinder, die heranwachsen gibt es ebenfalls keine Gutscheine. Ein Iraker erzählt uns, dass er die Kleidung von der Kleiderkammer nicht tragen könne, weil er Juckreiz bekäme und das nicht aushalte.

Kindergartenplätze

Die Eltern sorgen sich, weil sie keinen Kindergartenplatz bekommen. In Amberg, so erzählen uns die Flüchtlinge, gebe es 23 Kindergärten. Jeder Kindergarten lehne aber Kinder aus dem Asylcamp ab. Ein besorgter Familienvater berichtet uns, wenn die hören, dass wir aus dem Asylcamp sind, dann legen sie den Hörer auf oder lehnen dankend ab.

Taschengeld

Die schulpflichtigen Kinder, so berichten die Flüchtlinge, müssen in der Schule zwischen 5-15 Euro pro Monat bezahlen. Wir bekommen keine Quittung und wissen auch nicht für was wir das bezahlen sollen, da bleibt nicht mehr viel übrig vom Taschengeld. In einem Schulheft wurde ich dennoch fündig. So müssen sie 5 – 15 Euro für Kopiergeld entrichten.

Bauliche Mängel

Die Küche in Haus B ist aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen. Wann die Küche wieder zur Benutzung bereit steht, ist nicht bekannt. In einer anderen Küche wurde lediglich die Spüle ausgewechselt, nach dem Muster, wie in der Regensburger Unterkunft.

Die Flüchtlinge müssen daher zum Kochen ins Erdgeschoss gehen. Da der Toilettenraum derzeit auch nicht zu nutzen ist, müssen die Flüchtlinge auch zur Toilette ins Erdgeschoss gehen. Somit teilen sich derzeit 50 Flüchtlinge 3 Toiletten.

Die verrosteten Spinde sind mittlerweile aus der Küche entfernt worden, wie uns die Flüchtlinge berichten.

Haus A

In meinem letzten Bericht habe ich über den Hautausschlag eines Kindes, sowie deren Mutter berichtet. Ich habe die Mutter und ihr Kind heute besucht und festgestellt, dass durch die Decke Wasser dringt.

Mittlerweile empfehlen die Ärzte, aus dem Feuchtbiotop auszuziehen, weil es die Genesung des Kindes, sowie der Mutter blockiert.

Die Decke ist mit Spanplatten versehen und reicht nicht bis ans Ende der Mauer. Hier lauft das Wasser Kübelweise herunter, so das sie Eimer aufstellen müssen um das Wasser aufzufangen. Der Spalt wurde mit einem Bettlaken verdichtet. Hier vermute ich mal, dass das Dach nicht mehr dicht ist und bei Regen oder Schnee, Wasser durchdringt. Es riecht nach Schimmel, Moder usw.

Die Mutter leidet unter Schuppenflechte (Psoriasis) und das Kind an einer Neurodermitis. Das Kind, so die Mutter, werde in der Nacht immer wieder wach, kratze sich am ganzen Körper und habe Schmerzen. Der Schimmel und die Feuchtigkeit im Zimmer sind Gift für diese Erkrankung und die behandelnden Ärzte empfehlen dringend einen Wohnungswechsel.

Soweit der Bericht von Marion Puhle.

Wir finden, hier muss etwas unternommen werden! Diese Menschen leben nicht am Rande der Gesellschaft - sie leben außerhalb der Gesellschaft. Sie haben keine Lobby und werden behandelt, als ob sie keine Würde hätten. Auch Flüchtlinge haben eine Würde! Und Flüchtlinge haben gute Gründe, warum sie ihre Heimat verlassen haben. Diese Gründe will nur keiner hören.

Statt am im Advent eine Träne bei der weiß-blauen Herbergssuche zu verdrücken, sollten wir vielleicht dorthin gehen, wo Menschen heutzutage direkt vor unserer Haustüre wirklich keine Herberge finden.

Weitere Informationen: Bayerischer Flüchtlingsrat

 

 

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